Falsche Freunde im Feuilleton

Was Fassbinders Müll-Stück auslöste

Dass Bewegungen nicht am Reißbrett geplant werden können, sondern in der politischen Gemengelage entstehen, ist eine Binsenweisheit. Der Konflikt um das Theaterstück »Der Müll, die Stadt und der Tod« von Rainer Werner Fassbinder und die verhinderte Premiere in Frankfurt am Main 1985 kann als so etwas wie das Coming-out von Juden in der Bundesrepublik angesehen werden.

»Eine jüdische Gemeinde hatte sich mit zivilem Ungehorsam zur Wehr gesetzt. Juden hatten erstmals seit den 1950er Jahren in der Bundesrepublik mit großem Selbstbewusstsein und auf große Wirkung abzielend den Weg in die Öffentlichkeit gesucht«, so Wanja Hargens in seiner Studie über Fassbinders Stück als Teil »deutscher Zeitgeschichte«.

»Jüdisches Kapital«, das die Stadtpolitik bestimme. »Immobiles Spekulantengewerbe«, das sich in Frankfurt größtenteils in »jüdischen Händen« befinde und nur unter dem Tabu, dies nicht ansprechen zu dürfen, gedeihe. Das sind Zitate aus der »Frankfurter Rundschau« und dem »Vorwärts« aus 1985, dem Jahr der verhinderten Bühnenaufführung des Stückes. Die holperige Art und Weise, wie Fassbinder in seinem Müll-Stück Philosemitismus, Antisemitismus und Stadtpolitik der 1970er Jahre am Beispiel Frankfurt am Main thematisiert, sorgte für falsche Freunde in den Feuilletons – und da...


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